Bei der Digitalisierung geht es nur um Software? Dieser Denkfehler unterläuft vielen Chefs, die Prozesse im Büro digitalisieren wollen. Leider gibt es dabei noch einige weitere Fehler ...
Digitale Prozesse sind die besseren Prozesse, weil sie Abläufe schneller, bequemer und effizienter machen. Sie sorgen für Transparenz, weil jederzeit klar ist, wo welches Dokument steckt und wer es bearbeiten muss. Und sie ersetzen Suchen durch Finden: Ein Mausklick ersetzt das mühselige Stöbern in Aktenordnern. Trotzdem scheuen sich viele Unternehmen, vertraute Abläufe durch elektronische Workflows zu ersetzen. Laut Bitkom-Umfrage sagen 70 Prozent der deutschen Mittelständler, entweder kein Geld oder keine Zeit für Digitalisierungsprojekte zu haben. Das dürfte nur die halbe Wahrheit sein. Ebenfalls eine Rolle spielt, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ungern von vertrauten Routinen verabschieden – und die neue digitale Welt daher ablehnen. Diesen Impuls kennen auch Entscheider: Häufig haben sie nur eine vage Idee, worauf sie sich einlassen, packen die Digitalisierung daher falsch an und wundern sich nachher über frustrierende Erlebnisse.
Das muss nicht sein. Die fünf häufigsten Fehler beim Digitalisieren im Büro lassen sich leicht vermeiden – wenn man sie kennt.
Fehler 1: „Digitalisieren – das ist doch nur Software!“
Stimmt, ohne Software keine Digitalisierung. Aber die Software ist immer nur Mittel zum Zweck. Ihre Aufgabe besteht darin, Abläufe bequemer und effizienter zu gestalten. Umso sinnvoller ist es, sich im Vorfeld von Entscheidungen für oder gegen eine bestimmte Software die aktuellen Workflows anzuschauen und gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern festzuhalten, was gut läuft (und erhalten bleiben sollte) und was besser laufen könnte. Meist haben die Beschäftigten, die sich jeden Tag über bestimmte Abläufe ärgern, sehr konkrete Vorstellungen von zielführenderen Prozessen. Wenn ein Unternehmen weiß, wie es künftig arbeiten will, kann es zielgerichtet nach passenden technologischen Hilfsmitteln, sprich Software, Ausschau halten. Der entscheidende Punkt bei der Auswahl: Die Software muss sich an die Anforderungen und Bedürfnisse des Unternehmens anpassen – nicht umgekehrt. Das gelingt nur, wenn das Unternehmen klare Vorstellungen von den künftigen digitalen Workflows hat.
Fehler 2: „Um Software kümmert sich die IT“
Wer digitale Prozesse im Unternehmen einführt, braucht dafür die Mithilfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IT-Abteilung. Sie sorgen für eine stimmige IT-Infrastruktur, in der Systeme und Prozesse optimal aufeinander abgestimmt sind und problemlos laufen. Deshalb denken viele Unternehmenslenker, die Expertise der IT-Abteilung sollte entscheidend sein für die Softwareauswahl. Das wäre ein Fehler. Wichtig ist nicht, ob eine Software der IT-Abteilung zusagt. Es sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die täglich mit ihr arbeiten müssen, die hier die Entscheidung treffen sollten. Gerade aufgrund ihres Fachwissens neigen IT-Expertinnen und -Experten dazu, überkomplexe Lösungen mit 1.001 Zusatzfunktionen zu favorisieren. Für den täglichen Gebrauch ist es sinnvoller, wenn digitale Prozesse so schlank und simpel wie möglich laufen. Um es diplomatisch zu formulieren: Digitalisierung braucht einen ganzheitlichen Ansatz.
Fehler 3: „Ab morgen läuft alles digital!“
In einer idealen Welt wäre es möglich, analoge Abläufe über Nacht in digitale Workflows zu übertragen. In der realen Welt jedoch ist Digitalisierung eher ein „Trial & Error“-Prozess. Da ist zum einen die Technologie: Sind die Abläufe wirklich so schlüssig wie erhofft oder müssen noch „Bugs“ beseitigt werden? Und da sind zum anderen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Sie müssen umlernen − und das geht nicht von heute auf morgen. Deshalb ist es am schlausten, mit einem Pilotprojekt zu beginnen, bei dem die Vorteile der Digitalisierung sofort für alle sichtbar werden. Im
digitalen Dokumentenmanagement werden dafür häufig die
Rechnungsprüfung und -bearbeitung,
Personalakten oder das
Vertragsmanagement ausgesucht. Bei einem solchen Pilotprojekt lässt sich schnell herausfinden, wo potenzielle Probleme bei der Umsetzung stecken – und bei den nächsten Digitalisierungsprojekten ist man besser vorbereitet. Fast noch wichtiger: Sobald die Beschäftigten gegenüber den Kolleginnen und Kollegen über die arbeitserleichternden Workflows schwärmen, schmilzt der Widerstand der Skeptiker dahin.
Fehler 4: „Das können wir doch selbst“
Klar. Es gibt Open-Source-Programme, mit deren Hilfe die eigene IT-Abteilung benötigte Systeme und Prozesse programmieren und einrichten kann. Allerdings machen die dann jahrelang wenig anderes. Und ob das Ergebnis den Erwartungen entspricht, ist zumindest fraglich. Der Grund: Die Anbieter von Software und Leistungen spezialisieren sich seit Jahren auf bestimmte Facetten der IT-Infrastruktur und haben daher ein fundiertes Expertenwissen gesammelt. Dieses Know-how stellen sie den Kunden zur Verfügung. So erhalten die Kunden passende Prozesse – und sollte etwas doch nicht passen, ist der Dienstleister in der Pflicht, nachzubessern. Bis es passt.
Fehler 5: „Friss oder stirb!“
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen die digitalen Abläufe nutzen. Deshalb ist eine Menge gewonnen, wenn sie diese Workflows auch nutzen wollen. Da viele Menschen an vertrauten Routinen hängen, ist das nicht immer der Fall. Dieses Problem lässt sich lösen: indem sie rechtzeitig vor der Einführung digitaler Prozesse gefragt werden, wie sie sich optimale Workflows vorstellen und wie diese Ziele erreicht werden können. Das Ergebnis: Die Beschäftigten erleben die digitalen Prozesse als „ihre“ Prozesse – schließlich haben sie selbst daran mitgearbeitet. Je früher (und ernsthafter) sie eingebunden werden, desto höher die Akzeptanz für die neuen Abläufe. Und das Digitalisieren im Büro ist ein Erfolg!