Warum wird die NIS-2-Richtlinie eingeführt?
Sicherheitsexperten fordern schon seit Jahren einen hohen Standard an Cybersicherheit in Unternehmen und Institutionen. Groß angelegte Cyberangriffe wie der SolarWinds-Hack haben deutlich gezeigt, wie gefährdet kritische Infrastrukturen wie Energie- und Wasserversorgung sowie digitale Bereiche der Gesellschaft sein können.Genau aus diesem Grund sollte Cyberresilienz in Europa und Deutschland längst zum Alltag gehören. Sollte, denn aktuell sind zu wenig Unternehmen und Einrichtungen auf Cybergefahren vorbereitet. Immer mehr Unternehmen werden jedoch Opfer von Sabotage, Datendiebstahl und Spionage. Die Brisanz der Situation belegt eine Untersuchung des 8 von 10 Unternehmen waren 2023 von Cyberangriffen betroffen.
Mit 267 Milliarden Euro erreichte der Schaden durch Cyberangriffe einen Rekordwert.
Zwei Drittel aller befragten Unternehmen sehen sich durch Cybergefahren in ihrer Existenz bedroht.
Bei 70 Prozent aller betroffenen Unternehmen ließen sich Angriffe auf organisierte Kriminalität zurückführen.
Mit der NIS-2-Richtlinie gibt die EU nun klar definierte Mindeststandards für Cybersicherheit in öffentlichen und privaten Einrichtungen vor.
Die wichtigsten Ziele der NIS-2
Basierend auf Schwachstellen in der bisherigen NIS-1 definierte die Europäische Kommission Zielsetzungen, die durch eine nationale Cybersicherheit in allen Mitgliedstaaten erreicht werden sollen. Dazu zählen:
Einhaltung von Mindeststandards für Cyberresilienz durch Unternehmen und Institutionen in der EU
Einheitliche und gemeinsame Widerstandsfähigkeit gegen Cyberbedrohungen bei EU-Mitgliedstaaten und betroffenen Sektoren
Koordinierte und vereinheitlichte Reaktionsfähigkeit im Fall von Krisen und Bedrohungen
Umfassendes Verständnis der Bedrohungen, Gefahren und Herausforderungen, die sich EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich kritischer Infrastrukturen und digitaler Bereiche stellen müssen
Welchen konkreten Bedrohungen soll die NIS-2 begegnen?
In Deutschland sind nicht nur Großunternehmen und KRITIS-Unternehmen, sondern auch mittelständische Unternehmen zunehmend von Cyberangriffen betroffen. Vor allem hier können sich der Verlust von Geschäftsdaten, überlastete Systeme oder auch ein Imageschaden durch mangelnden Kundendatenschutz existenzgefährdend auswirken.
Unternehmen, die grundsätzlich auf ein hohes Niveau bei der Cybersicherheit beispielsweise durch Datenverschlüsselung und Multi-Faktor-Authentifizierung setzen, sichern sich gegen Risiken für den eigenen Geschäftserfolg ab.
Laut dem aktuell im Fokus: DoS- und DDoS-Angriffe: Das Ziel von DoS (Denial-of-Service) und DDoS (Distributed Denial-of-Service) ist die Überlastung von Systemen durch Angriffe auf ein oder mehrere Systeme von Unternehmen, Organisationen oder Behörden.
Ransomware-Angriffe: Ziel von Ransomware-Attacken ist die Erpressung von hohen Geldsummen oder die Zerstörung und Unbrauchbarmachung von Daten oder Systemen.
Advanced Persistent Threats (APT): Hierbei kommt es zu langfristigen Angriffen mit Fokus auf kritische Infrastrukturen und sensible Daten.
Weitere Bedrohungen, die zunehmend Unternehmen gefährden, sind Phishing-Angriffe mit dem Ziel, Daten wie Passwörter, Finanzinformationen oder Personaldaten zu stehlen, sowie Man-in-the-Middle-Attacken, bei denen Daten abgefangen oder Systeme belauscht werden. Auch menschliches Fehlverhalten und Nachlässigkeiten spielen eine nicht unwesentliche Rolle und erfordern eine entsprechende Schulung und Aufklärung der Beschäftigten, um ein Bewusstsein für Cybersicherheit zu schaffen.
Was genau ändert sich durch die NIS-2?
Zu den wichtigsten Änderungen durch die NIS-2 zählen:
Mehr Bereiche und Sektoren betroffen
Mit 18 Sektoren und etwa 30.000 betroffenen Unternehmen wirkt sich die NIS-2 auf deutlich mehr Unternehmen aus als die NIS-1.
Strenge Sanktionen
Im Gegensatz zur NIS-1 sieht die NIS-2 bei Nichteinhalten der Mindeststandards enorm strenge Strafmaßnahmen vor. Das reicht von bis zu 500.000 Euro Strafe für scheinbar banale Verstöße wie fehlende Registrierungen oder Zertifizierungen bis hin zu 10 Millionen Euro für Verstöße in kritischen Sektoren je Vorfall. Selbst die Absetzung der Geschäftsführung ist dem BSI in kritischen Situationen möglich.
Direkte Verantwortlichkeiten auf Führungsebene
Die Einhaltung der NIS-2-Anforderungen muss die Geschäftsleitung in betroffenen Bereichen zur Priorität erklären, denn bei Verstößen trägt sie eine direkte, auch persönliche Verantwortung.
Konzepte und Maßnahmen für Risiko- und Sicherheitsmanagement umsetzen
Von umfassenden Risikoanalysen bis hin zu Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen müssen betroffene Unternehmen ganzheitliche Konzepte und Strategien für Cyberschutz und Cyberresilienz umsetzen. Dazu zählen Aspekte wie:
Sicherheit für Informationssysteme
Bewältigen von Sicherheitsvorfällen
Betriebs- und Geschäftskontinuität in Not- oder Krisenfällen
Sichere Lieferketten inklusive Risikomanagement mit Fokus auf Direkt- oder Drittanbieter
Sicherheit bei Einkauf, Entwicklung und Wartung von IT-Systemen
Sicherheitsmanagement vom Erwerb bis zur Wartung von Netz- und Informationssystemen
Prüfung der Wirksamkeit des eigenen Cyberrisikomanagements
Angriffserkennung und -abwehr
Grundlegende Cyberhygiene und Cyberresilienz durch Systeme auf dem aktuellen Stand der Technik
Kryptografie- und Verschlüsselungsverfahren
Personalsicherheit, Zugriffskontrollen und Asset Management
Multi-Faktor-Authentifizierung oder kontinuierliche Authentifizierung
Sicherheitsvorfälle müssen gemeldet werden
Bei Sicherheitsvorfällen wie Cyberangriffen oder Datendiebstahl sind Unternehmen zur Meldung an die zuständigen Behörden und Stellen verpflichtet. Gemäß EU-Richtlinie umfassen Meldepflichten folgende Zeiträume (können im finalen NIS2UmsuCG abweichen):
Frühwarnung: Innerhalb von 24 Stunden nach Kenntnisnahme des Vorfalls
Meldung (Bewertung und Einschätzung): Innerhalb von 72 Stunden ab Kenntnisnahme
Ausführlicher Abschlussbericht: Spätestens nach einem Monat ab Kenntnisnahme
Wen betrifft die NIS-2?
Welche deutschen Unternehmen, Einrichtungen und Sektoren unter die NIS-2-Richtlinie fallen, definiert das NIS2UmsuCG. Hierzu kommen gemäß Teil 3, Kapitel 1, ab § 28 Schwellenwerte für Jahresumsätze, Jahresbilanzen und Mitarbeiterzahlen sowie gemäß Teil 7, Anlage 1 und 2 die Unterteilung in verschiedene Sektoren zum Einsatz.
Die NIS-2 weitet den Bereich betroffener Unternehmen und Einrichtungen auf 18 Sektoren aus und unterscheidet in die Kategorien „wesentlich“ (essential) mit elf Sektoren und „wichtig“ (important) mit sieben Sektoren. Hierunter fallen je nach Größe und Tätigkeitsbereich sowohl KRITIS-Unternehmen, also Unternehmen mit Relevanz für kritische Infrastrukturen, als auch Unternehmen, die für das staatliche Gemeinwesen von Bedeutung sind.