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12.12.2022

Corona treibt die Digitalisierung? Schön wär’s!

Wenn es darum geht, Prozesse zu digitalisieren, traben die deutschen Mittelständler weiterhin müde hinterher. Woran liegt’s? 

Zum Selbstverständnis deutscher Mittelständler gehört es, vorneweg zu marschieren. Stichwort: Hidden Champions. Dieses Selbstverständnis hat durch Corona einen Knacks bekommen. In der Pandemie waren plötzlich digitale Prozesse gefragt, doch die Mittelständler hatten wenig überzeugende Antworten – und haben sie bis heute nicht. Der Unterschied zu Vor-Corona-Zeiten: Die Phase der Selbsterkenntnis ist angebrochen, die Mittelständler lügen sich nicht mehr selbst in die Tasche. Mehr als die Hälfte von ihnen, das zeigt eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter 502 mittelständischen Unternehmen, bezeichnet sich bei der Digitalisierung als „Nachzügler“.

Keine Zeit, kein Geld – und fehlende Standards

„Bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen gibt es konkrete Rückstände“, sagt der zuständige Bitkom-Bereichsleiter Nils Britze. „Das liegt vor allem an strukturellen Digitalisierungsdefiziten, die im Mittelstand schon seit längerer Zeit bestehen.“ Warum sich daran wenig ändern wird, erklären die Antworten der befragten Unternehmen. Zwei Drittel bemängeln fehlende Standards, an denen sie sich orientieren können. 70 Prozent behaupten, kein Geld für Digitalisierungsprojekte zu haben. Ebenfalls 70 Prozent geben an, dafür keine Zeit zu finden. Weit verbreitet ist die Angst vor Datenverlust und – damit Hand in Hand gehend – den hohen Anforderungen an die IT-Sicherheit. Geradezu folgerichtig haben nur 39 Prozent der Unternehmen mit 100 bis 499 Beschäftigten in den Jahren 2020 und 2021 in die Digitalisierung ihrer Geschäfts- und Verwaltungsprozesse investiert.

Diese Zurückhaltung bei Investitionen kollidiert befremdlich mit den Aussagen von Mittelständlern bei einer Umfrage aus dem Frühjahr 2021. Damals hatte Bitkom die Erkenntnisse aus „Ein Jahr Corona“ abgefragt. 95 Prozent der Befragten bestätigten, dass die Digitalisierung von Geschäfts- und Verwaltungsprozessen durch die Pandemie für sie an Bedeutung gewonnen hätte. Mehr als die Hälfte hatte festgestellt, dass ihre Workflows nicht tauglich waren für das Arbeiten im Homeoffice. Und nur noch 12 Prozent der Mittelständler sagten, ihnen sei der wirtschaftliche Nutzen der Digitalisierung unklar – im Jahr 2016 war der Anteil der Skeptiker noch dreimal so hoch.

Der Abschied vom Papier fällt schwer

Trotzdem drängt sich der Eindruck auf: Digitalisiert wird nur, wo und wenn es nicht anders geht. Etwa beim Homeoffice während des Corona-Lockdowns. Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am heimischen Schreibtisch arbeiten mussten, spendierten ihre Arbeitgeber oftmals die technische Ausrüstung für den Digital Workplace. „Das digitale Büro sorgte insbesondere in den vergangenen Monaten für bessere Arbeitsfähigkeit und Zusammenarbeit in der hybriden Arbeitswelt“, sagt Bitkom-Experte Britze.

Die Angestellten werden miteinander vernetzt, gleichwohl werden die Abläufe im „eigentlichen“ Büro – also dem beim Arbeitgeber – nur zögerlich digitalisiert. Setzten 2018 erst 29 Prozent der Unternehmen auf überwiegend papierlose Geschäftsprozesse, so sind es derzeit bereits 36 Prozent. Das bedeutet umgekehrt: Fast zwei Drittel setzen weiterhin auf Papier.

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