Corona macht’s möglich: Arbeitgeber schicken ihre Angestellten nach Hause, sie sollen im Homeoffice arbeiten. Leichter gesagt als getan: Wir zeigen die drei häufigsten Probleme – und wie sie zu lösen sind.
Busfahrerinnen sitzen weiterhin am Steuer, Verkäufer füllen unverdrossen die leer gehamsterten Nudelregale auf: Viele Aufgaben erfordern Präsenz am Arbeitsplatz. Anders sieht es aus, wenn die Aufgaben am Computer erledigt werden. Das geht zu Hause ähnlich gut wie im Büro. Deshalb lassen viele Arbeitgeber ihre Angestellten seit dieser Woche – wenn’s irgend geht – von zu Hause aus arbeiten. Damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund bleiben und sich nicht bei Kollegen mit dem Coronavirus anstecken.
Über Homeoffice wird nicht mehr gestritten, ums Homeoffice wird nicht mehr gekämpft. In Zeiten von Corona wird das Homeoffice zur Pflicht. Was nicht heisst, dass die Arbeit vom heimischen Schreibtisch aus so problemlos läuft, wie Arbeitgeber und -nehmer sich das wünschen. „Erst jetzt würden Unternehmen feststellen“, sagt Digitalisierungsexpertin Carolin Proft vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), „ob sie bereits über die richtigen Werkzeuge – von Kommunikationssoftware bis Cloud-Services – für das Arbeiten 4.0 verfügen“. Oder eben nicht.
Anhand der drei häufigsten und wichtigsten Problemfelder zeigen wir, worauf es ankommt, damit Homeoffice optimal funktioniert.
1. Kontrollverlust: die Chefs
Das Führungsverständnis vieler Chefs besteht darin, die Arbeit ihrer „Schäfchen“ zu kontrollieren und als Entscheider ansprechbar zu sein. „Management by walking around“ sagen die Amerikaner dazu. Spaziergänge durch leere Büros fördern allerdings kaum Erkenntnisse zutage.
Was tun? In Kontakt bleiben und kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren. Regelmässiger Kontakt per Telefon und/oder E-Mail ist Pflicht. Der Austausch über Slack, Microsoft Teams oder andere Kollaborations-Tools sorgt für einen schnellen und direkten Draht, um den Fortgang der Arbeiten in Echtzeit zu beobachten und zu begleiten. Ansonsten gilt wie immer: lieber Ergebnisse kontrollieren statt Menschen.
2. Kontrollverlust: die Angestellten
Für die Arbeit im Homeoffice braucht es Selbstdisziplin. Nichts leichter, als sich ablenken zu lassen. Sieht schliesslich niemand, ob man mal eben den Geschirrspüler anstellt (und später ausräumt) oder die Gelegenheit nutzt, um endlich mal den Wackelkontakt an der Schreibtischlampe zu reparieren. Selbst wer tatsächlich vor dem Computer sitzt, ist nicht davor gefeit, sich in den Untiefen des Internets zu verlieren. Auch die andere Spielart des Kontrollverlusts ist möglich: wenn die zehn Minuten zum Ausräumen des Geschirrspülers mit einer halben Überstunde „ausgeglichen“ werden. Das Resultat: Im Homeoffice wird erfahrungsgemäss länger gearbeitet als im Büro.
Was tun? Nutzen Sie die Freiräume, die Ihnen das Homeoffice bietet, um Berufs- und Privatleben besser auszubalancieren. Acht Stunden stur am Schreibtisch? Das ist nicht der Sinn der Sache. Sprechen Sie sich mit Ihren Kollegen ab, wann Sie sich wie mit ihnen kurzschliessen. Bei diesen Absprachen werden Ergebnisse erwartet, das strukturiert den Tag und gibt zugleich Kernarbeitszeiten vor. Und: Schreiben Sie Ihre Stunden auf, sonst entwickeln Sie ein schlechtes Gewissen, zu wenig getan zu haben – auch wenn das überhaupt nicht stimmt.
3. Das digitale Büro ist noch ziemlich analog
Mag die digitale Transformation in den Büros auch unaufhaltsam sein, manche Arbeitgeber stemmen sich bis heute dagegen. Verständlich, die passenden Strukturen aufzubauen, kostet schliesslich Geld. Die Corona-Krise zeigt, dass es gut angelegtes Geld ist, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dezentral (sprich: vom Homeoffice aus) auf Dokumente zugreifen und sie bearbeiten können. Und dass es noch besser wäre, wenn die Kollaborations-Tools tatsächlich bereits laufen würden, statt auf „Wiedervorlage“ für irgendwann später verstaut worden zu sein.
Was tun? Die Krise als Chance nehmen. Die Vorteile des digitalen Büros sind immens. Um das zu erkennen, braucht es kein Coronavirus. Aber wenn das den Anstoss gibt, überfällige Entscheidungen zu treffen: umso besser! Der Weg zu
Digital Workplaces ist überschaubar, die Ergebnisse geradezu
revolutionär. Ohne die passende Infrastruktur allerdings können Sie relativ wenig machen, zumindest von jetzt auf gleich. Eine Option zumindest können Sie sofort ziehen: Senken Sie, wenn möglich, die Zugangshürden für privat verwendete Laptops und Smartphones.
Zum Glück ist der Breitbandausbau mittlerweile so weit vorangekommen, dass in mehr als 90 Prozent der Haushalte in Deutschland inzwischen Anschlüsse mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde liegen. BDI-Expertin Proft sagt: „Die Bandbreite ermöglicht es aktuell in der Fläche, dass jemand ein Videotelefonat führt und zugleich die Kinder nebenan eine Serie streamen.“ Und ihre Eltern arbeiten lassen.