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Digitalisierung: ein Weckruf namens „Corona“

Was nach Corona bleiben wird: ein gewaltiger Schub für die Digitalisierung. Arbeitgeber haben gelernt, dass es im Homeoffice die passende Ausstattung braucht, um produktiv zu arbeiten.

Wie war das 2019? „Komplizierte Technik, komplizierte Gesetze, komplizierte Abläufe“, lamentierten viele Chefs, wenn ihre Mitarbeiter anregt­­­­­en, gelegentlich im Homeoffice arbeiten zu wollen. Und sie hatten ja auch recht, die Chefs. Irgendwie.

Wie ist das 2020? So kompliziert ist es doch nicht, zeigt der Corona-bedingte Praxistest. Deutsche Unternehmen, Behörden und Organisationen können Homeoffice – wenn sie nur wollen. Schon bereitet Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ein „Recht auf Homeoffice“-Gesetz vor. „Jeder, der möchte und bei dem es der Arbeitsplatz zulässt, soll im Homeoffice arbeiten können – auch wenn die Corona-Pandemie wieder vorbei ist“, sagt Heil. Und die Menschen möchten. Das zeigt eine Umfrage des BidT (Bayerisches Forschungsinstitut für Digitale Transformation): Mehr als zwei Drittel der Befragten wünschen sich mehr Homeoffice als zuvor. Die Akzeptanz für das Arbeiten zu Hause, schreiben die Forscher, sei während der Corona-Krise gestiegen.

Jammern war gestern

Das gilt zumindest für die Angestellten. Wie sieht es bei ihren Arbeitgebern aus? In der BidT-Umfrage sagten immerhin 39 Prozent der Befragten, ihr Arbeitgeber hätte vor Corona kein Homeoffice erlaubt. Dabei hatten die Arbeitgeber noch 2018 den Schwarzen Peter ihren Mitarbeitern zugeschoben. 58 Prozent der Manager beklagten laut einer Etventure-Studie die „Verteidigung bestehender Strukturen“ durch die Belegschaft. Als weitere Hürden wurden allerdings schon damals die „fehlende Erfahrung bei nutzerzentriertem Vorgehen“ und „blockierende Sicherheitsanforderungen“ genannt. Mit solchem Gejammer ist es glücklicherweise vorbei, sagt Dorothee Bär (CSU), Digitalisierungsbeauftragte der Bundesregierung. „Jetzt ist es so, dass wir eine Situation haben, wo wir schneller an Lösungen rangehen müssen. Man sieht ja auch schon, dass es funktioniert.“

Angesichts von Corona passiert all das, was sowieso auf der To-do-Liste stand – nur in einem zuvor unvorstellbaren Tempo. Um das an einem – vielleicht überraschenden – Beispiel zu illustrieren: Die Stadt Tangerhütte in Sachsen-Anhalt hat auf einen Schlag alle Abläufe in der Verwaltung digitalisiert. Mehr als 200 Formulare sind jetzt dafür hinterlegt, von der Kita-Anmeldung über die Hundesteuer-Anmeldung bis zur Anmeldung von Veranstaltungen. Das Programm sollte eigentlich „irgendwann mal, wenn es fertig ist“, anlaufen, stattdessen startete es bereits im März 2020. Tangerhüttes Bürgermeister Andreas Brohm nahm Corona zum Anlass, die digitale Transformation massiv zu beschleunigen: von jetzt auf gleich.

Die neue Normalität

Normal wird, was wir als normal erleben. Je länger wir im Homeoffice arbeiten, desto normaler wird es. Wir gewöhnen uns an die Abläufe und verbinden – bzw. trennen – Berufliches und Privates auf sinnvolle Art. „Es ist jetzt an der Zeit, sich von der Präsenzkultur zu verabschieden“, sagt Jutta Rump, BWL- Professorin an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen. „Unsere aktuellen Erfahrungen zeigen aber, dass wir dafür zwingend die entsprechende IT-Infrastruktur brauchen.“ Insofern sei die aktuelle Lage auch ein Weckruf, entsprechend zu investieren.

Wir können aus dem Homeoffice nicht einfach wieder zurück ins Büro, als wäre nichts gewesen. „Die Art, wie wir arbeiten, hat sich schon längst verändert – das ist nur noch nicht bei allen Unternehmen angekommen“, sagt Teresa Bauer, Gründerin von GetRemote. Ihre Prognose: „In fünf Jahren werden Unternehmen ohne Homeoffice-Möglichkeit keine Mitarbeiter mehr finden und halten können.“

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